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Vom 23. bis 30. September 

Am ersten Tag beim Frühstück stelle ich fest das hier vielmehr Velofahrer unterwegs sind als bei uns. Ein reges Treiben herrscht in der Jugendherberge. Bereits in Velokleidern werden emsig die Sachen gepackt und die Räder bereit gestellt. Der Anteil der weiblichen Fahrerinnen ist um einiges höher zumal die Fahrradgruppe im Frühstücksraum aus etwa 40 Personen besteht und nur fünf Männer dabei sind.

Die belgische Nordseeküste ist nur etwa 67 km lang. Entsprechend ist sie verbaut mit mehr oder weniger schönen Schandtaten. Die Ferien Bunker verschwinden sobald man Holland erreicht. Zwar gibt’s sie es hier auch aber bei weitem nicht so viele. Mittels Fähre (nur für Fußgänger und Velo) fahre ich von Breskens nach Vlissingen. Ich komme gut voran und der Nordseeküste-Radweg passt sich perfekt in die Landschaft. Für diese Nacht suche ich vergebens eine Unterkunft und nach etwa 2h suchen gebe ich auf und schlage mein Zelt auf einem Campingplatz auf. Kalt und Nass (nicht vom Regen) ist es dann am Morgen. Mein Schlafsack ist nur bedingt für diese Temperaturen geeignet. Ich werde mir da noch einen besseren zulegen müssen.

Die kalte Nacht ist schnell vergessen und es geht gleich über einen ersten Dammen der die vielen Inseln verbinden. Nur das nasse Zelt schlägt mit Mehrgewicht zu Buche. Beim Mittagessen habe ich Zeit es ein wenig «leichter» zu machen. Die schönen Abschnitte wechseln sich ab so das man ein wenig verträumt die Landschaft genießen kann… doch man wird jäh aus den Träumen gerissen. Rotterdam, genauer gesagt der grosse Hafen. Endlose Strassen wechseln sich hier mit Endlosen Röhren und Leitungen ab. Da ein Kamin das qualmt, dort ein Krahn der Container zu oder entlädt, ach was Dutzende solcher. Und dann die Schiffe, eines größeren als das andere. Ich bin froh, dass ich heil durch dieses Labyrinth zur Fähre komme die mich auf die andere Seite bringt.

Zur schönen Seite, ach was sage ich genialen schönen Seite. Dieser Teil des Nordsee-Radweg ist fantastisch. Man fährt durch Wälder, über Wiesen, dann wieder durch Dünen. Hoch und runter, links und rechts, dazwischen kommen malerische Dörfer mit ihren Bäckereien die nur schon zum besichtigen einladen, mit ihren mit viel Liebe eingerichteten Details. Dazu noch die vielen Leckereien runden das ganze ab.

Irgendwann muss ich dann die Abzweigung nach Amsterdam nehmen. Ich versuche so weit wie möglich weiter der Küste zu folgen und biege dann schliesslich in Haarlem Richtung Amsterdam ab.

Amsterdam hat mich schon 2012 fasziniert und es tut es auch noch heute. Die Holländer verstehen es perfekt sich agil in den engen Gassen zu bewegen. Sei es auf einem, zwei, drei oder vier Rädern. Alles fließt und nichts kommt ins Stocken. Wenn man sich das nicht gewohnt ist wird einem schon fast schlecht vom zuschauen. Zumal das hat sich nicht geändert in den letzten 5 Jahren. Auch das anhalten am Rotlicht wird zu 99% eingehalten. Und die Umleitungen für Velos (ACHTUNG liebe Schweiz, nimm dir ein Beispiel!) sind sehr gut und übersichtlich signalisiert und zwar in ganz Holland. Zum Teil Stehen da auch Personen und leiten dich auf den richtigen Weg.

Mit dem Longbike in der Velo-Rushhours aus der Stadt zu fahren ist sehr anstrengend. Zumal ich mit all dem Gepäck eh Träge unterwegs bin und nicht so schnell beschleunigen kann braucht es eine gewisse Konzentration. Werde ich dann nicht wieder durch ein Rotlicht ausgebremst, komme auch ich auf mein Reise-Tempo, was dann meist höher liegt so dass ich die Truppe wieder einhole und hinter mir lassen.

So hat sich also seit meinem letzten Besuch in Sache «Velo» in Amsterdam nichts geändert… oder doch? Ja, einiges. Es gibt sehr viele e-Bikes und Motor-Roller (vermutlich 45er), zweites passt nicht so ins Bild und ist eher störend. Dann wurde in Amsterdam all die Velo-Leichen entsorgt und es hat nun wieder mehr Platz. Vor allem das mehrstöckige Velo-Parkhaus beim Bahnhof bietet nun den Platz für die die ihr Rad auch regelmässig bewegen.

 

Nebel begleitet mich die beiden letzten Tage in Holland, doch nur jeweils am Morgen so, dass sich am Nachmittag die Sonne zeigt. Das Hinterland von den «Dutches» ist nicht weniger spannend als die Küste. Hier in diesem Land Rad zu fahren ist und bleibt ein schönes Erlebnis und man wird alle paar Meter durch sich ändernde Landschaften belohnt.

Dies bleibt auch so, wenn man auf der Rhein-Route von Nijmegen aus Holland verlässt und nach Deutschland kommt. Das man in einem anderen Land ist merkt man zunächst gar nicht, der Weg führt weiter an Dämmen entlang. In Grieth, einem kleinen Dorf direkt am Rhein, werde ich positiv überrascht. Das belegte Brötchen (ich durfte sogar sagen welches Brötchen und welcher Inhalt es sein soll) wird frisch zubereitet, dazu ein Pain-Chocolat und eine 1.5l Wasserflasche (mit Depot 0.25) kostete sage und schreibe €3.15

 

Über Xanten (Mittagessen) fahre ich weiter nach Rheinhausen. Tags darauf geht es über Köln nach Bonn. Die zunächst ländliche Idylle wird durch die vielen Firmen der diversen Wirtschaft-Zentren abgelöst. Nicht gerade eine einladende Gegend. Südlich von Bonn wird es wieder besser. Das Siebengebirge kommt näher. Unterwegs treffe ich Joachim aus München. Er ist mit dem Rad schon 2 ½ Monate unterwegs. Die Britische Insel bis kurz nach Schottland hat er unter die Räder genommen. Auch in Wales und Snowdonia kam er vorbei. Nun ist er auf dem Nachhauseweg und wir fahren gemeinsam den heutigen Tag durchs Siebengebirge. Ich habe dann in St. Goar genug km für diesen Tag gefahren und so zog Joachim alleine weiter… später erfahre ich das er es doch noch durchgezogen hat und zu seiner Schwester nach Frankfurt durchgefahren ist, 180km! reife Leistung.

 

Ich Radler dann tags darauf auch nach Frankfurt. Das erste Mal an dieser Tour mit Rückenwind. In Mainz verlasse ich den Rhein und wechsle zum Main. Dem entlang gelange ich dann nach Frankfurt und komme 5min vor einem Platz-Regen im Hotel an. Mit Kleiderwaschen schliesse ich diese ereignisreiche Woche ab.

 

 

 

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